regiosöl

Regionale soziale und ökologische Leistungen des Ökolandbaus: Erfassen - Honorieren - Handeln

Der Ökolandbau leistet einen wichtigen Beitrag zu vielen ökologischen und sozialen gesellschaftlichen Zielen. Diese sozialen und ökologischen Leistungen (söL) sollen mehr als bisher durch politische und markt-basierte Instrumente honoriert werden. Insbesondere zu sozialen Zielbereichen kann der direkte Beitrag allerdings qualitativ nur schwer dargestellt und erst recht nicht quantifiziert werden kann. Dies wäre aber eine wichtige Voraussetzung für eine transparente Honorierung der Leistungen.

Ebenso fehlen Ansätze zur Erfassung der indirekten Leistungen, möglicher Synergien oder auch Wechselwirkungen. Diese sind häufig nicht einzelnen Betrieben zuzuordnen, sondern ein Zusammenspiel verschiedener Faktoren in sozial-ökologischen Systemen auf regionaler Ebene. Entsprechend sind regionale Ansätze besonders geeignet, die verschiedenen gesellschaftlichen Ziele zu erfassen und z. B. mittels Wertschöpfungsketten-basierter Ansätze zu honorieren. Sie ermöglichen es, die Bereitstellung auf regionaler Ebene zu optimieren.

Projektziele

Die Inwertsetzung von sozialen und ökologischen Leistungen in der Landwirtschaft kann insbesondere über die Kaskade ‚Bewusstsein – Wertschätzung / Interesse – Wertschöpfung‘ erfolgen. Diesem Verständnis entsprechend, trägt das regiosöl-Projekt dazu bei, die Bereitstellung von sozialen und ökologischen Leistungen in der Wertschöpfungskette ‚Ernährung des Ökolandbaus‘ durch

  1. eine transparente Erfassung auf regionaler Ebene sichtbar zu machen,
  2. eine angemessene Honorierung der söL durch kollektive Ansätze zu ermöglichen
  3. regionale Handlungsstrategien die Bereitstellung der Leistungen zu optimieren und damit die Nachhaltigkeit der Region zu verbessern und durch
  4. die Testphase in den Pilotregionen die Regionalwert-Instrumente im Hinblick auf die oben genannten Ziele weiterzuentwickeln.

Neue Ansätze will das Projekt insbesondere bei der Erfassung sozialer und regionaler söL sowie der Identifizierung von söL auf regionaler Ebene entwickeln. Die Ansätze sollen regionale Akteure dabei unterstützen, diese Leistungen des Ökolandbaus zu kommunizieren. Außerdem können daraus an die Politik gerichtete Argumente für den Ökolandbau entwickelt werden, die durch neue Erkenntnisse über den Beitrag des Ökolandbaus zum regionalen Mehrwert gestützt werden. Das Vorhaben stützt sich auf einen sozial-ökologischen Systemrahmen sowie auf den mit der Transitionstheorie verbundenen Multi-Ebenen-Ansatz als analytischen Rahmen.


Projektbausteine

Koordinierung und Akteurseinbindung

Die Verantwortung für die Koordination liegt beim Institut für ländliche Strukturforschung (IfLS). Im Sinne eines transdisziplinären Forschungsansatzes werden nationale Experten, Multiplikatoren sowie regionale Akteure in den Reallaboren (z.B. Landwirtinnen und Landwirte) bei der Entwicklung der Fragestellungen und Ansätze eingebunden.

Status-Quo-Analyse und Eignungsprüfung

Mit Blick auf das Projektziel werden relevante bestehende Ansätze zur Erfassung, Kommunikation und Honorierung ausgewählt und geprüft. Die Fragestellungen der Status-Quo-Analyse umfassen die erfassten, kommunizierten und honorierten sozial-ökologischen Leistungen und ihre positiven Effekte, den Mehrwert für Betriebe und Regionen, die Eignungsprüfung für den Ökolandbau sowie die Relevanz der Ansätze für die Praxis und die Umsetzung der Ergebnisse.

2021 wurde ein Arbeitspapier zur Status-Quo-Analyse erstellt: Status-Quo-Analyse

Regionale Erfassungsmethoden, Honorierungsansätze und Handlungsstrategien

Neue oder ergänzende Ansätze der Erfassung, Kommunikation und Honorierung der söL werden erarbeitet und in den zwei Reallaboren bzw. Interviews mit Betriebsleiter:innen weiterentwickelt. Basierend auf den Ergebnissen der Status-Quo-Analyse werden dazu die in den Reallaboren zu erhebenden söL festgelegt, welche Lücken existierender Erfassungsansätze, insbesondere zu regionalen und sozialen söL, schließen sollen. Die Umsetzung wird durch eine Prüfung begleitet und daraus Schlussfolgerungen für die Praxistauglichkeit der entwickelten Ansätze abgeleitet. Anschließend werden für die Regionen in Reallaboren Handlungsstrategien und deren Operationalisierung für eine verbesserte Bereitstellung der söL des Ökolandbaus entwickelt.

Regionalwert-Nachhaltigkeitsanalyse und -Leistungsrechnung

Die Regionalwert-Nachhaltigkeitsanalyse (RWNA) und –Leistungsrechnung (Regionalwert-Nachhaltigkeitsanalyse und -Leistungsrechnung) haben sich im Verlauf des regiosöl-Projekts als besonders geeignet und einfach zu bedienen erwiesen.

Dabei handelt es sich um Online-Tools, die die Leistungen von Betrieben im Bereich der Nachhaltigkeit erfassen. Die RWNA ist ein Selbstcheck, bei dem über 150 Kennzahlen in den Dimensionen Ökologie, Soziales und Regionalökonomie abgefragt und ausgewertet werden. Für die Betriebsleitung ergeben sich so wertvolle Hinweise, wo der eigene Betrieb bereits gut abschneidet oder in welchen Bereichen Verbesserungen erzielt werden können. Durch die Regionalwert-Leistungsrechnung erhält der Betrieb zusätzlich einen monetären Nachweis über die sozialen, ökologischen und regionalökonomischen Leistungen.

Kooperation mit der Regionalwert AG Freiburg und der Regionalwert Impuls GmbH

Aufgrund der inhaltlichen Überschneidungen und überzeugenden Herangehensweise der Tools wurde eine Kooperation mit der Regionalwert AG Freiburg und der Regionalwert Impuls GmbH vereinbart, die nun seit Anfang Juni 2021 offiziell ist. 

Die Ziele der Kooperation sind die Überprüfung und Anpassung der Regionalwert-Nachhaltigkeitsanalyse und – Leistungsrechnung auf Basis von je 50 Ökobetrieben in den zwei Pilotregionen Rheinland und Nordhessen. Gleichzeitig werden die im regiosöl-Projekt entwickelten sozial-ökologischen Indikatoren getestet. Neben den Beiträgen zur betrieblichen Nachhaltigkeit sollen so auch die gesellschaftlichen Leistungen erfasst werden, die Bio-Betriebe erbringen, beispielsweise das Gesellschaftliche Engagement der Betriebsleiter:innen und Mitarbeiter:innen oder ihr Beitrag zur Naherholung oder Gesundheitsförderung. Durch die umfassende Auswertung können außerdem erste Schlüsse gezogen werden zur Erarbeitung von Erfassungs- und Umsetzungsstrategien auf regionaler Ebene.

Synthese der Ergebnisse und Ableitung von Handlungs- und Politikempfehlungen

Die Ergebnisse der empirischen Forschung werden aufgearbeitet und es werden daraus Handlungsempfehlungen für verschiedene Zielgruppen, wie Landwirtinnen und Landwirte, Bildungs- und Beratungseinrichtungen, Verbände und zivilgesellschaftliche Akteure, Verwaltung, Unternehmen und Politik, entwickelt.

Verbreitung und Wissenstransfer

Das IfLS kümmert sich mit Unterstützung der Projektpartner um die Verbreitung von Informationen zum Vorhaben und stellt die Verfügbarkeit der Ergebnisse über die Projektlaufzeit hinaus sicher. So sind u.a. regelmäßige Fachartikel und wissenschaftliche Publikation(en) in thematisch relevanten Fachjournalen und Printmedien geplant, die Präsenz auf wissenschaftlichen Tagungen oder anderen Veranstaltungen, sowie am Ende des Projekts, ein praxisorientiertes Handbuch.


Pilotregionen

Kulisse der Ökolandbau Modellregion Nordhessen

Die Pilotregion im regiosöl-Vorhaben in Nordhessen umfasst den Landkreis Kassel (LK KS) und den Werra-Meißner-Kreis (WMK). Die ländlich geprägte Region besitzt mit Kassel, der einzigen Großstadt Nordhessens, ein Oberzentrum mit ca. 205.000 Einwohnern. Beide Gebietskörperschaften verfügen über eine abwechslungsreiche Kulturlandschaft, die im LK KS durch die Naturparke Habichtswald und Kaufunger Wald/Söhre sowie den Reinhardswald bereichert wird. Im Werra-Meißner-Kreis findet sich ebenfalls ein Naturpark, der 2017 zum "Geo-Naturpark Frau-Holle-Land" wurde.

Im von den Mittelgebirgen geprägten WMK liegt der Geo-Naturpark Frau-Holle-Land mit dem Meißner-Kaufunger Wald, dem Hohen Meißner und der Werra. Schwierig zu bewirtschaftende Flächen werden vor allem von Bio- und Nebenerwerbsbetrieben zur extensiven Bewirtschaftung von Grünland durch Rinder und Schafe genutzt. Dies trägt dazu bei, dass sich im WMK ein Hotspot der Biodiversität gebildet hat.Von den Betrieben, die 2019 im WMK einen Agrarantrag stellten, waren 12 % Biobetriebe, die 15 % der landwirtschaftlichen Fläche biologisch bewirtschaften. Im LK KS waren 10 % Biobetriebe mit einer Fläche von insgesamt 10 %.

Rheinland

Im Regierungsbezirk Köln gibt es aufgrund naturräumlichen, klimatischen und strukturellen Gegebenheiten sehr unterschiedliche landwirtschaftliche Prägungen. Es lassen sich fünf Teilregionen beschreiben: die Köln-Aachener Bucht (Börde), Zülpicher Börde, die Eifel, das Bergische Land, das Niederrheinische Tiefland und die urbanen Regionen Köln/Bonn und Aachen.

Die landwirtschaftliche Nutzung im Umland der Städte Aachen, Leverkusen, Köln und Bonn konkurriert stark mit den Flächenansprüchen anderer Nutzungsarten wie Siedlungs-, Verkehrs- und Erholungsflächen. Hier ist der Verlust landwirtschaftlicher Flächen besonders hoch. Andererseits profitiert die Landwirtschaft von der Nähe zu den Verbrauchern. Landwirte haben sich hierauf eingestellt und nutzen den Standort mit Dienstleistungsangeboten, zum Beispiel in der Pensionspferdehaltung oder der Direktvermarktung. Besonders typisch war und ist der Gartenbau im Vorgebirge zwischen Bonn und Köln.

Die Agrarräume Eifel und Bergisches Land sind durch die naturräumlichen und klimatischen Bedingungen stark viehwirtschaftlich ausgerichtet, im Bergischen Land werden mehr als 85% der Flächen als Grünland genutzt. Der Anteil an ökologisch bewirtschafteter Fläche ist in den Grünlandstandorten mit mehr als 15% der Fläche vergleichsweise überdurchschnittlich (NRW 6,3% 2016) hoch - in den Ackerstandorten der Börden dagegen verschwindend gering, in der Regel unter 1%. Die klimatisch begünstigten Standorte mit besonders wertvollen Böden werden in der Regel für den intensiven Ackerbau genutzt. Weizen, Gerste, Raps sowie Zuckerrüben und Kartoffeln sind die bestimmenden Früchte.


Aktuelles


Projektteam

Die wissenschaftliche Koordinierung des regiosöl-Vorhabens liegt beim IfLS, das auch in allen Arbeitspaketen in wesentlicher Funktion involviert ist. Die weiteren Partner ZÖL und RWAG Rheinland sind an allen Arbeitspaketen beteiligt, um einen kontinuierlichen gemeinsamen Wissensgewinn und eine enge Abstimmung mit Akteuren in den Regionen zu ermöglichen. Ihre Rolle ist vor allem in der Entwicklung der Erfassungs-, Honorierungs-, und Optimierungsansätze und deren Erprobung in den Pilotregionen bedeutsam. Sie leisten aber auch wesentliche Beiträge bei der Verbreitung und dem Wissenstransfer durch die Nutzung ihrer jeweiligen Netzwerke als Multiplikatoren. Die Rolle der RWAG Freiburg und der Regionalwert Impuls GmbH liegt in der Weiterentwicklung der Regionalwert-Tools sowie in der Akquise der Betriebe, und dem Testen und Auswerten der Erfassungsansätze auf betrieblicher Ebene.

Institut für Ländliche Strukturforschung e.V. (Projektkoordination)

Das Zentrum für Ökologische Landwirtschaft in Kooperation mit der Ökolandbaumodellregion Nordhessen (Verbundpartner)

Regionalwert AG Rheinland (Verbundpartner)

Regionalwert AG Freiburg (Verbundpartner)

Regionalwert Impuls GmbH (Unterauftragnehmer)

Das Projekt "Regionale soziale und ökologische Leistungen des Ökolandbaus: Erfassen - Honorieren - Handeln" (regiosöl)
wird gefördert durch das Bundesprogramm Ökologischer Landbau (BÖLN) mit Mitteln des Bundesministeriums für
Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) (Laufzeit: Februar 2020 bis Januar 2023).