Reallabore

  •  Übersicht

    Das NaBioKom-Projekt verfolgt einen transdisziplinären Forschungsansatz. Das IfLS e.V. und team ewen implementieren gemeinsam mit den vier Praxispartnern Naturpark Kellerwald-Edersee, Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald, Biosphärenreservat Thüringer Wald und dem Biosphärenreservat Rhön Reallabore. Die vier Projektregionen befinden sich in waldreichen Gebieten der Mittelgebirgslandschaft.

    Die Reallabore in den Regionen beteiligen sich an der Auswahl geeigneter Verfahren des Dialogs und Interessenausgleichs und gestalten die Prozesse aktiv mit. Ausgewählte Akteur:innen der Reallabore unterstützen zudem die Projektbegleitende Arbeitsgruppe (PAG) und diskutieren im NaBioKom-Team gemeinsam die Projektergebnisse.

     

  •  Biosphärenreservat Rhön

    Der Naturpark Bayerische Rhön besteht seit 1968. Als Biosphärenreservat wurde die Rhön länderübergreifend in Bayern, Hessen und Thüringen 1991 von der UNESCO anerkannt. 2014 erfolgte im bayerischen Teil eine Erweiterung, die weitestgehend den Grenzen des Naturparks Bayerische Rhön folgt. Die Rhön liegt mitten in Deutschland im Dreiländereck von Bayern, Hessen und Thüringen. Sie ist bekannt als „Land der offenen Fernen“, als Mittelgebirge mit dem geringsten Waldanteil in den Hochlagen in Deutschland. Dementsprechend verfügt die Rhön bis heute über großflächig zusammenhängende hochwertige Bergmähwiesen und Borstgrasrasen mit einem hohen Anteil an seltenen und geschützten Arten. Hinzu kommen standörtlich überaus vielfältige und naturnahe Laubwälder. Die bereits jetzt erkennbaren Folgen des Klimawandels sind gravierend. Fichte und Lärche werden von Borkenkäfern attackiert. Kiefern und Buchen vertrocknen in fortschreitendem Umfang. Das östliche Rhönvorland ist von den Auswirkungen der zurückliegenden trocken-heißen Jahre mit am stärksten in Bayern betroffen. Der Anteil der als Naturschutzgebiete und oder NATURA2000-Gebiete geschützten Flächen beträgt in Bayern ca. 22 % der Gesamtfläche des UNESCO-Biosphärenreservats (bayerischer Anteil 129.585 ha, Gesamtfläche 243.323 ha). Der Waldanteil liegt insgesamt bei 40 % der Gesamtfläche im bayerischen Teil. Davon entfallen knapp 80 % je zur Hälfte auf Staatsforst und Kommunalwald. Die übrigen 20 % verteilen sich auf Bundesforst, Groß- (wenig) und Kleinstprivatwald sowie Waldkörperschaften. Der Anspruch der multifunktionalen Forstwirtschaft, die nachhaltige Produktion des Rohstoffes Holz und zusätzlich die vielfältigen und ebenso wichtigen Schutz- und Erholungsfunktionen des Waldes sicherzustellen, zwingt die forstlichen Akteure vor dem Hintergrund des Klimawandels zur ständigen Abwägung von Interessen. Dabei erschweren auf Extremwetterereignisse folgende Kalamitäten, zu hohe Wildbestände, der ständig steigende Besucherdruck, das unzureichende Angebot an verfügbaren Lohnunternehmern und schließlich das nur beschränkt verfügbare Pflanzmaterial die Entwicklung der Waldflächen in zukunftsfähige naturschutzfachlich hochwertige und widerstandsfähige Bestände.

  •  Biosphärenreservat Thüringer Wald

    Das Biosphärenreservat Thüringer Wald wurde 1979 gegründet und ist damit das älteste Waldbiosphärenreservat Deutschlands. Es hat nach mehreren Erweiterungen (zuletzt 2016) heute eine Fläche von ca. 33700 Hektar. Unterbrochen von Siedlungen, Grünland und Mooren ist der Wald mit einem Anteil von 84 % das bedeutendste Ökosystem in dieser Mittelgebirgslandschaft. In den Kammlagen des Thüringer Waldes, die im Biosphärenreservat bis zum höchsten Berg Thüringens (Beerberg 983m ü.NN) aufsteigen, dominieren kulturbeeinflusste Fichtenforste. In tieferen Lagen findet sich teilweise ein Übergang zu Buchen- und Mischwäldern. Die ThüringenForst AöR ist der bei weitem größte Waldeigentümer im Biosphärenreservat. Eine besondere Qualität in der Landschaft entsteht durch das in die Waldflächen eingestreute Grünland in Form kleiner Wiesen und
    größerer Rodungsinseln. Diese bilden wichtige Strukturelemente und schaffen Korridore der Biotopvernetzung und Sichtachsen in der Landschaft. Eine nachhaltige Nutzung der Ressource Holz sollte in seiner besten Form zu keinerlei Konflikt zwischen Forstwirtschaft und Naturschutz führen. Waldbestände, die genügend Holz in ausreichender Qualität erzeugen, können auf Landschaftsebene durchaus eine hohe Strukturvielfalt und damit Biodiversität erhalten. Der Konflikt liegt häufig im Detail und in Missverständnissen. Auch die notwendigen waldbaulichen Maßnahmen, die sich aus den Folgen des Klimawandels ergeben, bedürfen einer Verständigung. Freiraum für aktive und passive Versuche oder Modelle (auch wenn sie scheitern könnten) sollten durch Kommunikation zwischen Forstwirtschaft und Naturschutz geschaffen werden.

  •  Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald

    Der Geo-Naturpark Bergstraße-Odenwald blickt auf eine lange Geschichte zurück: Die Region wurde bereits 1960 zu einem der ersten Naturparke in Deutschland ernannt. Aufgrund des bedeutenden geologischen Erbes erfolgte im Jahr 2002 die Auszeichnung zum Nationalen und Europäischen Geopark. Seit 2004 ist der Geo-Naturpark zudem Mitglied im „Global Geoparks Network“, das im Jahr 2015 im International Geoscience & Geoparks Programme der UNESCO aufging. Seitdem gehört er zu den UNESCO Global Geoparks. Die aktuelle Gebietskulisse erstreckt sich über die drei Bundesländer Hessen, Bayern und Baden-Württemberg.
    Der Waldanteil beträgt durchschnittlich 46 %, davon entfallen 67 % im hessischen Teil und 38 % im baden-württembergischen Teil auf Privatwald - deutlich mehr als im Landesdurchschnitt. Im Gebiet des Geo-Naturparks befinden sich sowohl Landschaftsschutz-, als auch FFH- und Vogelschutzgebiete mit verhältnismäßig hohen Anteilen. Lediglich 1,9 % Prozent der  Fläche ist Naturschutzgebiet. Hierbei nimmt die Altrheinaue „Kühkopf-Knoblochsaue“, als Hessens ältestes und größtes Naturschutzgebiet einen hohen Flächenanteil ein.
    Die Wälder im Gebiet des Geo-Naturparks sind entsprechend der naturräumlichen Lage, der spezifischen Baumarten, der klimatischen Bedingungen und der zur Verfügung stehenden Wassermenge differenziert zu betrachten. Während das Ried im Westen unter einem massiven Baumsterben leidet, sind weite Waldanteile im mittleren Odenwald noch vergleichsweise intakt. Dennoch brechen auch hier einzelne Baumarten drastisch ein. Selbst die Buche, die in den vergangenen Jahren noch als nicht gefährdet eingestuft wurde, leidet bereits massiv unter dem Klimawandel. Diese Entwicklung stellt eine große Herausforderung für Forst und Naturschutz gleichermaßen dar – hinsichtlich der „Bäume für die Zukunft“, der naturnahen Bewirtschaftung der Flächen, der Verkehrssicherung für erholungssuchende Menschen sowie der Bewahrung der biologischen Vielfalt. Hier sieht der Geo-Naturpark ein großes Potenzial zum Dialog, um ein gegenseitiges Verständnisses der Akteure zu schaffen und gemeinsame Ziele im Sinne einer guten Zukunft für Natur und Mensch zu entwickeln.

  •  Naturpark Kellerwald-Edersee

    Der in Nordhessen südwestlich von Kassel gelegene Naturpark Kellerwald-Edersee wurde im Jahre 2001 ausgewiesen und im Jahre 2019 erweitert. Die Gründung des Naturparks mit der wesentlichen Intention, die Naturschutzarbeit zu professionalisieren, die Durchführung eines Naturschutzgroßprojekts sowie die Ausweisung des Nationalparks „Kellerwald-Edersee“ in 2003 verdeutlichen den großen Rückhalt für Naturschutzarbeit in der Region. Die Zusammenarbeit zwischen Natur- und Nationalpark ist dabei prägend.
    Der Schutzgebietsanteil liegt im Naturpark bei 64%. Der Waldanteil im Naturpark beträgt knapp 60% und ist überwiegend von Buchenmischwäldern geprägt. Dabei befindet sich der Wald überwiegend in öffentlicher Hand mit einem Schwerpunkt im Gemeinde- und Stadtwald. Weiterhin besitzen der Landeswohlfahrtsverband Stiftungsforsten Haina und der Landkreis größere Waldflächen. Der Süden des Naturparks ist geprägt von Staatswald- und wenigen Kleinprivatwaldflächen. Insgesamt zeigten die Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer während des Naturschutzgroßprojektes eine hohe Kooperationsbereitschaft.
    Seit Sommer 2019 werden aufgrund ausbleibenden Regens in Kombination mit hohen Temperaturen vermehrt Trocknisschäden an Buchen festgestellt. Die teilweise als Kernflächen ausgewiesenen und damit nicht mehr bewirtschafteten Waldflächen werden ein zunehmendes Risiko für die Nutzung des Waldes als Erholungs- und Lernort.